Donnerstag, 25. Oktober 2007

Jungenbeschneidung. Missbrauch zwischen Ritual und Routine

«Blutige Neugeburt im

afropazifischen Jägerbund»,

Teil 1. Tabuthema

Beschneidung

Jungenbeschneidung

bis auf Weiteres Islam-immanent?

Jacques Auvergne

Meine als Kind aus Oberschlesien übergesiedelte Nachbarin, ausgebildete Sozialpädagogin, deutscher Pass, hat drei Kinder, drei Söhne (11, 8 und 6 Jahre) von drei verschiedenen Vätern: einem Kroaten, einem Russlanddeutschen und einem Ägypter. Zu allen drei Männern hat sie und haben die Kinder seit Jahren leider keinen Kontakt. Doch da gibt es die Cousine des Ägypters und die wohnt im Stadtviertel. Im Sommer 2006 besuchte die verheiratete Ägypterin die allein erziehende Mutter und empfiehlt ihr, zur ’Gesundheit und zum Wohlbefinden des Jüngsten’ die unter Medizinern als Zirkumzision bekannte ’Beschneidung’ durchführen zu lassen. Nach 20 Besuchen und bei immer heftigerem Drängen der Nachbarin: “Ich kann nachts nicht schlafen vor Herzweh weil ich mir vorstelle, dass der Junge unbeschnitten bleibt“, gab die Deutsche nach und suchte einen Kinderarzt auf, nicht ohne ihren kleinen Sohn ’vorsorglich’ mit allerlei Listen auf eine angebliche Überflüssigkeit der Vorhaut aufmerksam zu machen. Der erste Arzt lehnte ab, der zweite, ein Urologe, führte die Operation auf Krankenkassenkosten durch, medizinische ’absolute Indikation’ bestand nicht. Inzwischen hat sie auch ihre beiden anderen Jungen beschneiden lassen können, man staune über ihre Argumentation: aus Gerechtigkeit. Eine relative Indikation dürfte sich gefunden haben, der Mythos Phimose funktioniert bei Kinderärzten oder Krankenhäusern gern und vielleicht fand sich ein Hauch von Entzündung an den Vorhäuten.

Hier ist der ethnische, nämlich ’multikulturelle’ Charakter der Entscheidung ’pro Zirkumzision’ einen Blick wert und die Frage, ob gegen das Rechtsgut der körperlichen Unversehrtheit verstoßen wurde.

Objektiv gesagt stoßen zwei Kulturen aufeinander, eine, welche die Jungenbeschneidung als obligatorisch betrachtet mit einer, die sie traditionell nicht kennt. Es wurde nicht, als Kompromiss wäre das ja immerhin denkbar, ein Ersatzritual vollzogen oder nur die halbe Vorhaut entfernt. Auch folgte man nun gar nicht dem alteuropäischen Stil der genitalen Unversehrtheit. Sondern man folgte, vielleicht in einer modischen Orientbegeisterung oder aus Höflichkeit, der islamischen Alltagspraxis des vorläufig in sein Herkunftsland verschwundenen Vaters.

Ist es falsch, in dieser hier soeben beschriebenen und doch recht winzigen sozialen Struktur des ’Tradierens einer körperlichen Mutilation’ ein Modell zu sehen für die Ausbreitung einer Genitalmutilation (hier ist es ersichtlich unerheblich, ob eine solche an Jungen oder Mädchen durchgeführt wird), etwa in diejenigen Teile Afrikas hinein, die bis vor wenigen Generationen noch überwiegend keine Routinebeschneidung an Jungen kannten?

Vordergrund der zu erforschenden möglichen Attraktivität der Zirkumzision in multireligiösen Partnerschaften, speziell in christlich-islamischen ehelichen oder jedenfalls elterlichen Verbindungen ist natürlich die Abeitsmigration. Ein Stück Globalisierung mithin.

Von den zwei Kulturen, beschneidungsobligatorisch versus beschneidungsindifferent, fordert auch nur die eine, die andere, die der ’alten Europäer’, hatte sie schlichtweg seit Jahrhunderten übersehen (bis auf ein paar Diskussionen in der frühesten Christenheit oder anglophone Ärzte um 1900). Sicher, den Eid des Hippókrates gibt es, den Grundsatz des Patientenwohls, vielleicht sogar die Fähigkeit zur Kritik gegenüber obskuren archaïschen Mutilationsritualen wenigstens Minderjährigen gegenüber (Tattoos und Piercings sind ja unter jungen Erwachsenen seit 1980 sehr in Mode).

Wie kommen Islam und Judentum zur Amputation des Praeputiums?

Bruno Bettelheim (Die symbolischen Wunden – Pubertätsriten und der Neid des Mannes) forschte eingehend zu dem bis heute irritierend tabubehafteten Thema Jungenbeschneidung so vieler afrikanischer und pazifischer Völker. Er kommt zum Schluss, dass die Beschneidung einem etwas kläglichen Versuch der Aneignung der magischen weiblichen Geburtskraft durch die neidischen Jägerbünde entspricht. Blut müsse fließen wie bei einer Geburt. Diese blutige Initiation wird zum Gottesdienst.

Solche Neugeburt in die Kriegerkaste hinein würdigt die eigentliche Geburt herab, überkrönt diese jedenfalls hierarchisch, denn nur Männer werden zu Kulturwesen (’Mann wird gemacht’), die Frau bleibt dem Erdhaften nahe. Als Seele eines jeden Patriarchats kommt uns Europäern dieser mysogyne Anspruch (Griechen, Römer; Paulus; Vatican) durchaus bekannt vor, auch wenn die Europäer Genitalmutilationen nicht kennen.

Es ist wohl die Exotik der Körpermutilation in einem postmodernen Alltag der Geheimnislosigkeit, Belanglosigkeit und Seichtheit, welche ausgerechnet die nordamerikanische Pop-Ikone Madonna 2006 zu der bislang glücklicherweise wohl nicht umgesetzten Aussage hinreißen ließ: “Ich will meinen kleinen Adoptivsohn aus Malawi gemäß den heiligen Riten der hebräischen Kabbalah zirkumzisieren, beschneiden, lassen!“. Ein paar hundert Menschen protestierten empört, darunter Hindus, Atheisten, Juden, Christen und sogar Kabbalisten. Der biologische Vater des Knaben ermahnte ebenfalls Adoptivmutter Madonna: “bei uns in Malawi gibt es keine Jungenbeschneidung, bitte tun sie diese unnötige Operation meinem Sohn nicht an“. Muslime jedoch waren wohl nicht darunter, unter den Protestierenden, und dieses Schweigen sei uns einmal von Interesse.

Denn wohl nur Necla Kelek hatte bislang den Mut, in ihrem Die verlorenen Söhne – Plädoyer zur Befreiung des muslimischen Mannes ihre Glaubensschwestern und -brüder zum sofortigen Abschaffen des traumatisierenden Brauchtums der Routinebeschneidung aufzufordern. Vorerst sind es weltweit nur wenige Muslimas und Muslime, die Keleks aufgeklärten Vorschlag offen unterstützen, sei es aus Angst vor sozialer Ausgrenzung, aus sexualmagischen Motiven oder aus Furch vor Allahs vermutetem Missfallen. Jedenfalls verfolgen in Deutschland selbst die bildungsnäheren Menschen unter den türkischstämmigen Migranten die Strategie, zu Necla Keleks Beschneidungskritik feige zu schweigen.

Nichts scheint die Tradition der Sünnet ändern zu können, niemand verlässt dieses Kartell einer Generation um Generation und Junge für Junge aufs Neue zu wiederholenden Szene des blutigen Unterwerfens unter das Clan- und Männerrecht. Offiziell im Namen des Islams und das sogar mit einigem Recht: denn wenn auch die Beschneidung nicht im Koran steht, so fordert doch die Überlieferung (Sunna) aller Rechtsschulen die Amputation jener bergend-hüllenden, sozusagen weiblichen sensiblen Hautfalte, die eigentlich von Natur aus integraler Bestandteil des männlichen Genitales sein und bleiben sollte.

Seelisch‑sozial ein Kastrationsängste berührendes Leiden, blutig und vor den schweigend zuschauenden Zeugen der ewigen Großfamilie – du bist Opfer geworden, darfst es aber lebenslang nicht sagen. Ur‑Szene islamischer Gewalterfahrung, möglicherweise ja berechtigend zur Verachtung der unreinen, fürs Höllenfeuer bestimmten weil zumeist unbeschnittenen Männer.

Nordostafrikanische Hirtenstämme dürften einzelnen arabischen Clans die Beschneidung, weit vor Mohammed, einstmals überliefert haben und teilweise kannten wohl manche alten Ägypter die Jungenbeschneidung. Doch aus der Stammesfehde der Quraish und Sulaim (Mohammed in Mekka und Medina) wurde eine Weltreligion. Und wieder einmal ist Islam im interreligiösen Vergleich die Kultur des radikalen Spaltens: die Menschheit wird in zwei Quasi‑Rassen geteilt, in Beschneider und Nichtbeschneider, in Gläubige und Ungläubige.

Islamintern wird mit der Beschneidung, ebenso wie mit dem Kopftuch, die Gender‑Apartheid der zwei angeblich einander wesensfremden Männer und Frauen verewigt – seelisch ’halbierte Menschen’ (Dinnerstein). Community‑konforme sexuelle Aufträge werden dem Jungen mit der Beschneidung mitgegeben. Zu einem selbst bestimmten Leben, zum Erarbeiten einer ’eigene Geschichte’ (Kelek) wird mit der Zwangsbeschneidung nun leider nicht gerade ermuntert.

Ein Stammesritual der Steinzeit sickert in die prekäre kulturelle Moderne – Routinebeschneidung an Jungen.

Jacques Auvergne

Anmerkung der Blogbetreiber von saegefisch.wordpress (pik. Pädagogische Islamkritik): neben (Teil 1) Jacques Auvergne, Diplom-Sozialpädagoge, gibt es 2007 noch zwei weitere plausible Quellen der Beschneidungskritik, die wir hier einmal nennen (Teil 2): Psychologe Handke “Die Reinheit der physischen Form“ sowie (Teil 3): ein Kreis von Medizinern aus München “Die Zirkumzision – Kritik an der Routine“

Die Reinheit

der physischen Form

Die sakrale Amputation.

Teil 2. Tabuthema

Beschneidung

Die Beschneidung von

Jungen und Männern

als symbolisches Herstellen

reinen Geschlechts

Eine Problematisierung von Volker Handke

Für die Absicht, die männliche Beschneidung zu ergründen und ihren Stellenwert im Rahmen der modernen Geschlechterdebatte zu beschreiben, ist es hilfreich, einen größeren Kontext zu berücksichtigen. Der Kontext ist der alte, weit verbreitete und vielfältige Wille von Menschen, den eigenen Körper zu gestalten. Dieser Gestaltungswille ist Ausdrucksform des allgemeineren Willens, die Natur und ihre Erscheinungsformen zu gestalten und wird daher von mir als kulturell bezeichnet.

Betrachtet man die vielfältigen Formen in denen in den unterschiedlichen Regionen dieser Welt menschliche Körper gestaltet werden, so fällt der Wunsch auf, durch die Veränderung des Körpers soziale Rollen zu markieren, zu konstruieren und zu festigen. Die Gestaltungen reichen dabei von Harmlosigkeiten wie dem Haarschnitt, der die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Gruppe zeigen soll, über Bandentätowierungen, Traueramputationen, dem Burschenschmiss, der Fußverkrüppelung japanischer Geishas, dem Giraffenhals ostafrikanischer Frauen und der genitalen Beschneidung bis hin zu Strafamputationen sowie der finalen “Gestaltung” der menschlichen Physis durch Hinrichtungen und/oder in Kriegen.

Der Begriff von der Gestaltung des menschlichen Körpers erscheint angesichts dieser Tragweite schnell ungenügend. Daher ist der Ausdruck Verstümmelung angebracht. Mit dem Ziel eine pragmatische Eingrenzung vorzunehmen ist dann eine Verstümmelung jede anthropogene, beabsichtigte, irreversible, sichtbare Veränderung am menschlichen Körper, die von wesentlicher Natur ist. Da Verstümmelungen meist zur Markierung und Verstärkung von sozialen Rollen erfolgen, ist die sexuelle Verstümmelung mit dem Ziel, die geschlechtsspezifischen Rollen zu festigen, weit verbreitet. Unter den sexuellen Verstümmelungen nehmen dabei wiederum die Verstümmelungen der Genitalien eine besondere Rolle ein. Selbst eine ausschließliche Betrachtung der Verstümmelung der Genitalien bringt noch eine erstaunliche Vielfalt zu Tage. Da wird geschlitzt, gelocht, amputiert, implantiert, gedehnt was die handwerkliche oder chirurgische Kunst hergibt. Jede Praxis ist mehr oder wenig streng in einen kulturell-religiösen Kontext eingebettet und hat seine spezifische Bedeutung. Beispiel sind das längsseitige Öffnen der Harnröhre bei männlichen Aborigines um die Vulva zu imitieren und adoleszente homosexuelle Praktiken zu ermöglichen. Oder das Implantieren von Perlen und Ringen in den Penisschaft um die Penetrationseigenschaften indischer Lustknaben zu manipulieren. Interessant ist auch die polynesische Eigenart ein Hoden zu entfernen. und als Totem um den Hals zu tragen. Gemeinsam ist vielen dieser genitalen Verstümmelungen, daß sie im Rahmen eines Initiationsritus vollzogen werden. Dieses weist wiederum auf die Funktion der Verstümmelung hin, dem nun sexuell (oder religiös) aktiven Initianten seine Rolle zu vergegenwärtigen. Zu den Initiationsverstümmelungen zählen auch die so genannten Beschneidungen bei Männern und bei Frauen in ihren verschiedenen Amputationstiefen.

Auffällig ist die Analogie zwischen dem, was physisch entfernt und dem, was fast sozial konstruiert wird. So lässt sich die Vulva geometrisch als konkav charakterisieren während der Phallus eine konvexe Form darstellt. Die weibliche Verstümmelung entfernt nun die verbliebenen konvexen Anatomien während beim Mann die konkaven Reste entfernt werden. Es geht also um die Reinheit der physischen Form als sichtbarer Ausdruck der Eindeutigkeit des sozialen Geschlechts. Während dem Mann keine weibliche, die Eichel umhüllende Körperform zugestanden wird, da dies Schutzbedürftigkeit signalisiert, darf die Frau keine männlichen, exponierten Formen ihr Eigen nennen. Männer werden auf eine herausragende, sichtbare und unverletzbare Rolle fixiert, und diese Rolle wird durch die Verstümmelung körperlich sichtbar manifestiert. Frauen werden dazu reziprok auf ihre innengerichtete und passive Rolle reduziert. Die Analogie zwischen körperlicher Form und sozialer Rolle ist frappierend. Auffällig ist auch die Reduzierung der Empfindungsfähigkeit als Ausdruck der sozialen Abwertung der sexuellen Lust.

Die Art und Weise wie die genitale Verstümmelung geschlechtliche Rollen markiert, festigt und mit anderen Konstruktionsmechanismen in Wechselwirkung tritt, ist wesentlich komplexer als sie hier beschrieben werden kann. Daher sollen einig Deutungsmuster der genitalen Verstümmelung von Männern zumindest aufgelistet werden: Der Schmerz und das Aushalten-Können von Schmerzen ist eine Fähigkeit die von vielen tradierten Männerbildern erwartet wird. Ähnlich verhält es sich mit dem Blut, das fließt und die Bereitschaft signalisiert, den männlichen Körper zu “höheren” Zwecken zu opfern. Unübersehbar ist die Konstruktion männlicher Sexualität. Hier wird die Empfindungsfähigkeit eingeschränkt und leistungsorientierte Erektionsfähigkeit auf Kosten von Orgasmusfähigkeit als männlich konstituiert.

Programmatisch sollte die Beschneidung von Männern als genitale Verstümmelung aufgefasst werden, deren Ziel es ist, eine männliche Geschlechterrolle zu konstruieren. Daher existiert kein Unterschied zwischen der genitalen Verstümmelung von Männern oder von Frauen. Die genitale Verstümmelung ist ebenso wie jede Form der körperlichen Verstümmelung ein Verstoß gegen das verbürgte Menschenrecht auf körperliche Unversehrtheit. Damit wird auch deutlich, dass es selbstverständlich jedem Menschen frei steht, seinen Körper zu “gestalten” wie es ihm beliebt. Aber bitte unter der Prämisse der Selbstbestimmung und der Freiwilligkeit. Dann wird auch sichtbar, was die genitale Verstümmelung von Kindern darstellt, nämlich eine Barbarei, die durch nichts zu legitimieren ist und deren Ächtung Aufgabe jeder am Menschenrecht orientierten Zivilisation sein sollte.

Quelle: Männerrat, Volker Handke

http://www.maennerrat.de/beschneidung.htm

Nähere Informationen:

Relativ objektiv (vielleicht zu wenig parteilich):

http://de.wikipedia.org/wiki/Zirkumzision

Weltweite ist die organisation NOCIRC als

Gegner der Jungenbeschneidung aktiv:

NOCIRC Deutschland:

http://members.aol.com/pillcock/

Teil 3. Tabuthema

Beschneidung

Die Zirkumzision –

Kritik an der Routine

M. Stehr, T. Schuster, H.-G. Dietz, I. Joppich

Kinderchirurgische Klinik im

Dr. von Haunerschen Kinderspital, München

Die Zirkumzision ist einer der am häufigsten durchgeführten chirurgischen Eingriffe beim männlichen Geschlecht. Alle 5 Minuten werden etwa 120 Buben und Männer weltweit zirkumzidiert. Die Zirkumzision wird im Wesentlichen aus drei verschiedenen Indikationen durchgeführt:

1) Aus medizinischer Indikation bei Vorliegen einer patholo-gisch erworbenen Phimose.

2) Aus religiösen oder sozio-kulturellen Gründen.

3) Schließlich wird in vielen Ländern die Zirkumzision im Neugeborenenalter als sog. Routinezirkumzision durchgeführt. Während in den USA die Rate der Routine-Zirkumzisionen stetig abnimmt (derzeit werden etwa noch 60 % aller männlichen Neugeborenen routinemäßig zirkumzidiert), liegt die Rate in Südkorea noch bei annähernd 100 %.

Auch in Deutschland wird die Zirkumzision häufig auch ohne religiösen oder sozio-kulturellen Hintergrund ohne strenge Indikationsprüfung durchgeführt. Dies liegt zum einen daran, dass es sich um einen kleinen chirurgischen Eingriff handele, der nach häufig anzutreffender Meinung keine (insbesondere negativen) Folgen für den Patienten mit sich bringe. Zum anderen wird eine großzügige Indikationsstellung durch angebliche medizinische Vorteile auch der Neugeborenenzirkumzision im Sinne einer Prophylaxe begünstigt.

Nach kritischer Betrachtung muss man heute zu dem Schluss gelangen, dass der Zirkumzision kein medizinischer Nutzen zugesprochen werden kann bei der Verringerung der Inzidenz von Harnwegsinfekten, sexuell übertragbaren Krankheiten oder der Malignomentwicklung. Nur bei der pathologisch erworbenen Phimose ist die Zirkumzision medizinisch indiziert und dies trifft bei etwa 4 % aller männlichen Individuen zu. Dagegen steht eine nicht zu vernachlässigende postoperative Komplikationsrate von bis zu 2 %. Von besonderem Interesse sind die Langzeitfolgen einer Zirkumzision in anatomischer, funktionell-sexueller und psychischer Hinsicht. Auch wenn letztere Punkte schwer zu evaluieren sind, kann die Zirkumzision sicher nicht diesbezüglich als harmloser und folgenloser Eingriff angesehen werden. Es gibt viele Berichte über die negativen Folgen der Zirkumzision sowohl für den Patienten selbst als auch für dessen Sexualpartner. Insbesondere bei der nicht religiös oder sozio-kulturell motivierten Neugeborenenzirkumzision wird die Frage nach der Rechtmäßigkeit offensichtlich: Das elterliche Sorgerecht beinhaltet die Einwilligung in einen ärztlichen Eingriff am Kind zur Wahrung dessen Interessen. Dient die Einwilligung in diesen ärztlichen Eingriff nach fachlichem Abwägen des Nutzens gegen mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen der Wahrung kindlicher Interessen?

M. Stehr, T. Schuster, H.-G. Dietz, I. Joppich

Circumcision –

Criticism upon the routine

Circumcision is one of the most frequent operative procedures done in males. About 120 circumcisions are performed every 5 minutes over the world. Three different reasons lead to circumcision:

1) Medical reasons in present of a pathologic phimosis.

2) Circumcisions done due to religious, social or cultural rea-reasons.

3) Finally in many countries circumcision is performed as “routine-circumcision” in the newborn period. While in the United States the number of routine-circumcisiones decreases (about 60 % of all male newborns) South-Korea has a rate near to 100 %.

Even with no religious or cultural backround in Germany circumcision often is performed without scrutinizing medical indication. Circumcision is regarded as an procedure with no complications and no disadvantage for the patient.

In general circumcision has no medical benefit neither in decreasing the incidence of urinary tract infections nor of sexual transmitted deseases nor of neoplasias. Medical indication for circumcision is given in present of pathologic phimosis in 4 % of all males. Postoperative complications range up to 2 % and “circumcision is the amputation of the prepuce from the rest of the penis, resulting in permanent alteration of the anatomy, histology and function of the penis …”. There are many reports about having dyscomfort and disadvantages after circumcision as well to the males as to the sexual partners. This challenge the legality of neonatal involontary circumcision because legality is based on saving the children’s best interests.

M. Stehr, T. Schuster, H.-G. Dietz, I. Joppich

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